MIT Technology Review: "ROSI will beim Recycling von PV-Modulen die wertvollen Materialien extrahieren."

Das Recycling von Solarpanels ist mühsam. Diese Firmen suchen nach besseren Lösungen...

August 23, 2021
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Das Recycling von Solarpanels ist mühsam. Diese Firmen suchen nach besseren Lösungen.

Eine neue Anlage in Frankreich will Silber aus alten Solarpaneelen gewinnen, um ihr Recycling der Mühe wert zu machen.

Original (auf Englisch) von Casey Crownheart, erschienen am 19. August 2021

Millionen von Solarpaneelen wurden in den letzten zwei Dekaden installiert – und da sie in der Regel zwischen 25 bis 30 Jahre lang haltbar sind, werden viele bald in den Ruhestand und damit wahrscheinlich auf die Mülldeponie geschickt. Dank neuer Bemühungen um das Recycling dieser Paneele könnten allerdings sowohl die Abfallmenge als auch die Menge an neu abzubauenden Rohstoffen reduziert werden.

In den USA werden nur gerade 10% der Paneele recycelt. Dies wird nicht durch gesetzliche Bestimmungen vorgeschrieben, und das Recycling der Apparate ist derzeit wesentlich teurer als sie einfach wegzuwerfen. Die Materialien in den Solarpaneelen, welche jährlich vom Netz gehen, könnten bis 2050 einen Wert von schätzungsweise 2 Milliarden Dollar erreichen. In neuen Forschungsprojekten, darunter der Ansatz des französischen Startups ROSI, wird versucht, diese wertvollen Rohstoffe insbesondere Silber und Silizium, wiederzugewinnen. Damit soll das Recycling der Paneele finanziell tragbarer gemacht werden.

Der Ausbau der Produktion von Solarenergie ist der Schlüssel zur Emissionssenkung auf der ganzen Welt. Im Jahr 2019 wurden 720 Terawattstunden Strom mit Solarpaneele erzeugt, was ungefähr 3% der globalen Stromproduktion entspricht. Dafür wurden etwa 46 Millionen Tonnen Solarpaneele benötigt.

Rund 8 Millionen Tonnen stillgelegter Solarpaneele könnten sich weltweit bis 2030 ansammeln. Diese Zahl könnte sich bis 2050 verzehnfachen. Könnte man die Paneele recyclen, erschlösse sich eine neue Quelle für Materialien, welche sonst, womöglich unter ausbeuterischen oder unsicheren Arbeitsbedingungen, neu abgebaut werden müssten. Solarenergie würde so zu einem nachhaltigeren Teil im Puzzle der sauberen Energien.

Was enthält ein Solarpanel?

Ein Solarpanel ist wie ein Sandwich aufgebaut, mit Zellen in der Mitte. In ungefähr 90% der kommerziellen Solarpanels wird Silizium als Halbleiter zur Umwandlung von Licht zu Elektrizität genutzt. Dünne Metallstreifen, meist Silber, durchlaufen die Oberfläche der Silikonkristalle jeder Zelle und leiten den Strom in die Kupferleitungen des Solarpaneels.

Die Solarzellen sind von einer Schutzschicht umgeben, welche üblicherweise aus EVA, einem transparenten Plastik, besteht. Darüber kommt eine Schicht aus Glas. Eine weitere aus einer anderen Plastiksorte, zum Beispiel PET, bedeckt die Rückseite. Das Ganze ist in einen Rahmen aus Aluminium eingefasst.

Dieser geschichtete Aufbau schützt die Zellen vor äußeren Einflüssen und lässt gleichzeitig das Sonnenlicht durch. Jedoch ist die Konstruktion schwer auseinanderzunehmen, wenn die Paneele das Ende ihrer Produktlebenszeit erreicht haben.

Ein zweites Leben

Gewisse Firmen versuchen Paneele, die an Effizienz verloren haben, neu aufzubereiten und wiederzuverwenden oder wenigstens einige ihrer Komponenten zu retten. Wiederverwendung ist das einfachste und kostengünstigste Mittel, die Paneele zu «recyclen»: Sie bedarf der geringsten Behandlung und erzielt den höchsten Preis.

Laut Meng Tao, Ingenieurprofessor an der Arizona State University und Gründer von TG Companies, einem Start-up für das Recycling von Solarpaneelen, könne ein neues Paneel um die 55 Dollar kosten. Ein gebrauchtes hingegen könne für etwa 22 Dollar, oder seine Komponenten für insgesamt bis zu 18 Dollar wiederverkauft werden.

Zwar bieten manche Wiederverkäufer gebrauchte Paneele für Privatkunden an, doch sind die Preisvorteile unter dem Strich nicht sehr hoch. Die Paneele machen höchstens ungefähr die Hälfte der Kosten einer privaten Solaranlage aus. Dazu kommen zusätzliche Geräte und Genehmigungen. Da gebrauchte Paneele weniger Strom generieren als neue, sind sie das beim Kauf eingesparte Geld unter Umständen gar nicht wert.

Gebrauchte Paneele, die nicht weiterverkauft werden können, landen entweder in der Mülldeponie oder in irgendeiner Form von Recyclinganlage. Zumal keine bundesstaatlichen Vorschriften existieren, hat Washington kürzlich Recyclinganforderungen für Hersteller erlassen, was nun weitere Staaten ebenfalls in Betracht ziehen.  Die EU verlangt indessen von ihren Herstellern, gebrauchte Solarpaneele zu sammeln und zu recyceln, sowie die Forschung an Lösungen für das Ende der Produktlebenszeit der von ihnen hergestellten Geräte zu finanzieren.

In einigen Entsorgungsanlagen können Solarpaneele mechanisch recycelt werden. Hierzu wird meist der Aluminiumrahmen entfernt und alles Glas, Silizium sowie weitere Metalle zu einer Mischung zermahlt, das man als Bruchglas bezeichnet und welches als Baumaterial oder für andere industrielle Anwendungen verkauft werden kann.

Nur ist Bruchglas nicht viel wert – es ergibt gerade mal 3 Dollar pro zerkleinertes Paneel. Zudem, so Tao, sei es unklar, ob es genügend Käufer für all das Bruchglas gäbe, das beim Recycling von noch viel mehr Solarpaneelen entstehen würde. Könnte man reine, wertvolle Rohstoffe extrahieren, würde das Recycling möglicherweise rentabler.

Im Jahr 2018 eröffnete Veolia, eine in der Nähe von Paris ansässige Abfallentsorgungsfirma, die nach eigenen Angaben erste auf Solarmodule spezialisierte Recyclinganlage. Die Fabrikanlage in Rousset, Frankreich, nutzt ebenfalls ein mechanisches Recyclingverfahren. Dadurch, dass sie spezifisch für Solaranlagen konzipiert ist, werden jedoch mehr Komponenten separat recycelt als in Anlagen, welche die Recyclinggeräte für allgemeinen Elektroschrott verwenden. Einige Unternehmen setzen jedoch darauf, dass andere Methoden, wie zum Beispiel thermische und chemische Prozesse, in Zukunft noch viel effizienter sein werden.

Die Verwertung alter Paneele

ROSI Solar, ein 2017 gegründetes französisches Start-up, hat vor Kurzem seine Pläne zum Bau einer neuen Recyclingfabrik in Grenoble, Frankreich, bekannt gegeben. Yun Luo, CEO von ROSI, erklärt, das Unternehmen habe ein Prozedere zur Extraktion von Silber, Silizium und weiteren hochwertigen Rohstoffen aus gebrauchten Paneelen entwickelt. Die Fabrik soll noch vor Ende 2022 mit einem Vertrag von Soren, einem französischen Wirtschaftsverband, in Betrieb genommen werden.

Soren arbeitet auch mit dem französischen Logistikunternehmen Envie 2E Aquitaine zusammen, das andere Verwendungsmöglichkeiten für ausgemusterte Solarpanels finden möchte. Bei nicht funktionsfähigen Paneelen werde dieses Unternehmen den Aluminiumrahmen und das Glas entfernen und sie dann zum Recycling an ROSI weitergeben, so Luo.

ROSI konzentriert sich auf die Wiedergewinnung von Silber und hochreinem Silizium, da diese beiden Materialien über 60% der Kosten eines Paneels ausmachen. Das Unternehmen wendet ein eigenes chemisches Verfahren auf die verbliebenen Schichten an, um die winzigen Silberfäden herauszulösen, welche den Strom durch ein funktionierendes Solarpanel leiten.

Luo wollte nicht auf Einzelheiten eingehen, meint aber, das Unternehmen könne nahezu alles Silber in fester Form wiedergewinnen, so dass es sich leichter von den anderen Metallen wie Blei und Zinn trennen lasse. Außerdem gewinne das Unternehmen gemäß Luo auch das Silizium in einer so reinen Form wieder, dass es für den Wiedergebrauch in neuen Paneelen oder in Antriebsbatterien verarbeitet und genutzt werden könne.

Um rentabel zu sein, wird ROSI laut Luo mindestens 2'000 bis 3'000 Tonnen Panels pro Jahr recyceln müssen. Soren geht davon aus, 2021 etwa 7'000 Tonnen Panels zu sammeln, und diese Zahl wird sich bis 2025 wahrscheinlich mehr als verdoppeln.

Allerdings sind die Preise für die recycelten Materialien ziemlich starken Schwankungen unterworfen. Als Tao im Juni 2020 einen Artikel über das Recycling von Solarpaneelen veröffentlichte, berechnete er für die Rohstoffe, welche aus einem gebrauchten Paneel gewonnen werden könnten, einen Wert von ungefähr 10 Dollar. Im Juni 2021, so Tao, habe sich dieser Preis aufgrund des sprunghaften Anstiegs des Preises für Solarsilizium fast verdoppelt: Er lag jetzt bei 19 Dollar. Dieser Wertzuwachs veranlasste ihn, das Recyclingverfahren zu überdenken, das er für sein eigenes Startup entwickelt.

Durch die Unbeständigkeit der Preise bleibt die Wirtschaftslage des Recyclings im Ungewissen. Und weil Silber so teuer und als Rohstoff so begrenzt ist, arbeiten einige Forschende daran, es in neuen Solarpanels zu reduzieren oder gar durch ein anderes Material zu ersetzen. Dies könnte zwar deren Preise weiter senken, doch es würde, nach Tao, auch die wirtschaftlichen Vorteile des Recyclings schmälern.

Abzuwarten bleibt, wie sich die Recyclingmaßnahmen auf die Umwelt auswirken. Garvin Heath, leitender Analyst für Nachhaltigkeit im Energiebereich am National Renewable Energy Laboratory, sagt, dass die Berechnung der Auswirkungen auf die Umweltverschmutzung und Emissionen bei der Entscheidung über den besten Lösungsansatz für das Problem der Solarabfälle helfen könne. Heath ist Experte für die Analyse von Produktlebenszyklen, bei denen die Umwelteinflüsse eines technischen Geräts von der Produktion bis zum Ende seiner Lebensdauer erfasst werden.

Die Art und Weise, wie sich ein technisches Produkt auf die Umwelt auswirkt, während es sich im Einsatz befindet, liefert meist nur die halbe Wahrheit. Herstellung, Transport und Entsorgung eines jeden technischen Geräts verursachen Emissionen. All dies zu berücksichtigen sei wichtig, meint Heath. Zu wissen, wie genau ein Paneel hergestellt und recycelt wird, hilft herauszufinden, wie viel es wirklich zur Reduktion von Emissionen beiträgt.

Heath ist außerdem der Ansicht, dass wir diese Berechnung für die meisten technologischen Geräte unseres Alltags in Betracht ziehen sollten. Einem UN-Bericht zufolge könnte die weltweite Gesamtmenge an Elektroschrott bis 2050 auf 120 Millionen Tonnen pro Jahr ansteigen.

«Jedes technische Gerät erreicht eines Tages das Ende seiner Produktlebenszeit», sagt Heath, «und an diesem Punkt muss man wissen, wie man mit ihm umgeht.»

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